Wenn ich geahnt hätte, welch ein besonderer Tag der 10. August
2014 in meiner Läuferkarriere sein würde, hätte ich wahrscheinlich
noch schlechter geschlafen. Aber ich hatte für das verhältnismäßig
unstrukturierte Training eine sehr gute Form, was mir sehr viel
Sicherheit gab, beim Kainacher Bergmarathon ein gutes Rennen zu laufen. Zudem verfolgte ich eine sehr vorsichtige
Rennstrategie und erwarte mir deshalb auch nicht allzu viel.
Foto: Unger |
Am Start stellte ich mich gleich mal in die zweite Reihe, um von
Anfang an nicht zu schnell loszulaufen. Es klappte auch ziemlich gut
und ich konnte die ersten beiden flachen Kilometer jeweils in ca. 4
Minuten laufen, so wie ich es mir vorgenommen hatte. Mein Puls war
allerdings jetzt schon etwas höher als geplant,
aber er war noch ok. Bergauf wurde er natürlich nicht niedriger.
Deshalb hieß es nun volle Konzentration, um ihn auf dem akzeptablen
Level zu halten. Ich ließ mich auch gleich mal von einigen Leuten
überholen. Dabei musste ich mich aber schon sehr zusammenreißen, um
nicht schneller zu werden.
Foto: Iris Lechner |
Bei km 5 war ich irgendwo an 15.-20. Stelle. Doch nun wurde ich
langsam warm und das kurze Flachstück zwischendurch ließ meinen
Puls wieder etwas sinken. Ich merkte, dass ich gut drauf war und
begann langsam einen nach dem anderen zu überholen. Ich musste aber
immer noch aufpassen, nicht zu schnell zu werden. Denn das war vor
einem Jahr bei den Meisterschaften auf der Veitsch der Punkt, an dem
ich zu viel beschleunigte.
Ich konnte mich aber beherrschen, lief mein Tempo weiter und
intensivierte langsam meine Aufholjagd. Bei Kilometer 14 war die
erste Staffelübergabe. Auch ich war neben dem Bergmarathon in einer
Staffel gemeldet und so übergab ich an Clemens, der etwa eine Stunde
später an Iris übergab (Als Staffel schafften wir in der Mixed-
Wertung den dritten Rang.). Ich war sehr gut drauf und wusste, dass
ich bald alle Höhenmeter hinter mich gebracht haben würde. Am
folgenden Anstieg wechselte ich kurz vom Laufen ins Gehen, weil ich
es bei der Steilheit als sinnvoll erachtete und auch meine
Konkurrenten gegangen sind.
Nach dem Anstieg wurde es erst mal flach und ich wusste, dass es
jetzt für mich los geht. Im Hinterkopf hatte ich aber trotzdem noch,
dass die Hälfte noch zu laufen war. Es ergab sich dennoch gut für
mich, dass ich auf den schmalen Trails immer Leute vor mir hatte, die
mich ein bisschen einbremsten. Wenn sich die Gelegenheit bot,
überholte ich und konnte sie schnell hinter mir lassen. Langsam
holte ich auch auf Andreas Rois auf und mir wurde bewusst, dass ich
mich nun in den Medaillenrängen befand. Ich bewahrte Ruhe und auch
ihn konnte ich hinter mir lassen.
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Foto: Franz Unger |
Bei Kilometer 27,2 passierte ich die zweite Staffelübergabestelle,
wo Familie und Freunde waren, die mich kräftig anfeuerten. Ich
musste wieder aufpassen, nicht zu schnell zu werden, denn schließlich
waren noch über 15 Kilometer mit fiesen Gegenanstiegen zu
bewältigen. Kurz nach der Übergabestelle überholte ich den
Amerikaner Matias Saari, der nicht bei den Meisterschaften mitlief.
Auch ihn hörte ich bald nicht mehr hinter mir. Dennoch spürte ich
langsam, dass ich 30km in den Beinen hatte.
Foto: Erika Unger |
Bei Kilometer 34 wusste ich plötzlich nicht mehr wo ich
weiterlaufen sollte, denn auf einem kurzen Wiesenstück war ein paar
Meter weit keine Markierung und es gab drei verschiedene
Möglichkeiten, wo die Strecke weiter verlaufen könnte. Fast begann
ich die Nerven zu verlieren. Wenn ich nun falsch abbiegen würde,
konnte ich meine Medaille vergessen. Deshalb bewahrte ich Ruhe und
suchte die Umgebung nach gelben Punkten und Bändern ab. Vorsichtig
ging ich ein paar Meter nach links in die falsche Richtung und
entdeckte keine Markierung. Da hörte ich jemanden rufen und ich
wusste wieder, wo ich hin musste. In dem Moment sah ich dann auch die
Markierung ein paar Meter weiter an einem Baum. Ich drehte mich kurz
nach meinen Verfolgern um, konnte aber niemanden sehen. Es gab mir
viel Sicherheit, dass ich trotz Stehpause nicht eingeholt wurde.
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Foto: Stefan Mayer |
Aus den Anfeuerungen der Zuschauer konnte ich erahnen, dass ich
dem Führenden Robert Gruber immer näher kam. Er hatte sich ein paar
Tage zuvor am Knöchel verletzt und konnte nicht seine volle Leistung
bringen. Bergauf wurde ich immer wieder etwas ungeduldig, weshalb ich
zu schnellerem Laufen tendierte, was mich im Gegensatz sehr
anstrengte. Deshalb wollte ich bergauf am liebsten gehen. Das hätte
mir aber viel Zeit gekostet und ich merkte, dass ich eh viel zu
schnell für bergauf unterwegs war. Somit lief ich ein etwas
langsameres Tempo und konnte es jedes Mal bis oben durchlaufen. Ich
dachte gar nicht so sehr daran, den Führenden einzuholen, sondern
lief ein Tempo, mit dem ich es sicher ins Ziel schaffen würde.
Ca. bei Kilometer 37 hatte ich erstmals Sichtkontakt zu Robert.
Jetzt war ich mir sicher, dass ich ihn tatsächlich einholen könnte.
Ich bleib aber ruhig und ließ mir Zeit, denn es war noch weit zu
laufen. Einen Kilometer später musste er bei einem Bergaufstück
gehen und ich konnte vorbeilaufen. Nun hieß es wieder Ruhe
bewahren, denn mir war bewusst, dass ich an erster Stelle war. 5Km
vorm Ziel wurde es nochmal haarig, denn ich hatte das Gefühl, dass
ich möglicherweise einen Krampf in den Waden bekommen könnte. Zum
Glück war ab hier bald nur mehr bergab auf Asphalt zu laufen, was
ein wadenschonendes Hinabrollen ermöglichte. Auf der
Friedhofsschleife überholte ich noch die zweite Männerstaffel, was
mir zusätzliche Motivation und ein gutes Gefühl für den letzten
Kilometer gab. Auf diesem lief ich noch ein flottes aber gemäßigtes
Tempo, denn den Sieg hatte ich in der Tasche. Durch den Ort hieß es
dann nur mehr genießen und beim Zieleinlauf einen Freudenschrei
loslassen.
Foto: Unger |
Ich hatte es tatsächlich geschafft: Meinen ersten
Österreichischen Meistertitel. Damit hatte ich erst in ein paar
Jahren gerechnet. Aber in diesem Jahr war es einfach mein Tag. Ich
hatte eine gute Form und im Rennen einfach alles richtig gemacht.
Nächstes Jahr werde ich versuchen meinen Titel zu verteidigen. Bis
dahin werde ich weiter trainieren, denn ich weiß dass ich noch viel
besser werden kann. Vorläufig bin ich aber zufrieden und freue mich,
dass ich mein Ziel für diese Saison deutlich übertroffen habe.
Danke an alle für die lieben Glückwünsche. Außerdem noch mal
Danke an alle, die mich immer so gut unterstützen.
Foto: Unger |